Taxonomie und neue Informationstechnologien

Abstract für 9. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Tropenökologie (gtö) (8.-11. Februar 1996)

Möglichkeiten und Probleme beim Einsatz neuer Informationstechnologien zur Erfassung tropischer Diversität

Klaus Riede

Institut für Biologie I (Zoologie), Albertstr. 21a, D-79104 Freiburg i. Br.

Die unzureichende taxonomische Bearbeitung zahlreicher tropischer Taxa ist eines der Hauptprobleme bei der Erfassung tropischer Diversität. Die rapide zunehmende Vernetzung von Computern erlaubt heute eine effektive und schnelle Verbreitung von Informationen durch Zugriff auf entfernte Datenbanken. Seit kurzem werden diese Möglichkeiten auch in der Zoologie eingesetzt. Einige Projekte und Initiativen sollen hier kurz vorgestellt werden (z. B. Biodiversity Information Network, Species2000, Zoological Record Homepage, The World Biodiversity Database auf CD-ROM sowie viele weitere links . Hierbei ergeben sich jedoch eine Vielzahl neuartiger Probleme wie etwa die Einigung auf kompatible Benutzersprachen für Datenbanken. Dabei sind die Anforderungen an Datenbanken je nach Taxon so unterschiedlich, daß einheitliche Strukturen nur schwer zu realisieren sind. Für übergeordnete Fragestellungen wäre außerdem eine Verknüpfung von Datenbanken mit Geographischen Informationssystemen (GIS) wünschenswert, die in einzelnen Regionen für einige Taxa bereits existieren. Derartige Einzellösungen wären weitaus effektiver durch die Einführung von Empfehlungen und Standards, die eine Verknüpfung verschiedener Datenbanken erlauben. Schließlich wurde auch die Halbwertszeit elektronischer Informationen weit überschätzt: es zeigt sich, daß selbst favorisierte Medien wie etwa CD-ROM für eine solide, langfristige taxonomische Dokumentation zu kurzlebig sind, da Normen und Lesegeräte aufgrund des rasanten Fortschritts schnell veralten. Schließlich zögern einige Datenbankbesitzer, ihre Daten öffentlich zugänglich zu machen. Dieses Mißtrauen gründet in ungelösten Problemen des Copyrights sowie der wissenschaftlichen Anerkennung, Begutachtung und Zitierbarkeit derartiger "elektronischer" Publikationen. Die Vorteile einer zusätzlichen elektronischen Bereitstellung diversitätsrelevanter Information sind aber insgesamt so groß, daß eine konstruktive Auseinandersetzung mit den oben erwähnten Problemen beginnen sollte. So erlaubt beispielsweise das WorldWideWeb (WWW) mit seiner anwenderfreundlichen Benutzeroberfläche die Übertragung von Texten, Farbbildern, Videosequenzen und Klängen und ist somit ein ideales Medium zur Veröffentlichung taxonomischer Beschreibungen einschließlich aufwendiger Farbabbildungen sowie bisher nur schwer darstellbarer Merkmale wie Bewegungssequenzen und Lautäußerungen. Die Bereitstellung taxonomischer Informationen "online" erleichtert außerdem auch Institutionen in Tropenländern mit ihren meist schlecht ausgestatteten Bibliotheken den Zugriff auf oft nur schwer oder in der Praxis gar nicht zugängliche Informationen. So wäre es möglich, ältere taxonomische Veröffentlichungen auf diese Weise verfügbar zu machen und wertvolle Museumsbestände zu erschließen. Die hierfür notwendige Infrastruktur mit Computer und Modem ist vielfach auch in Tropenländern vorhanden und weitaus billiger als eine entsprechende Bibliothek.

Vorschläge und Kommentare bitte an: Dr. Klaus Riede


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